Ein „Leben“ In Gefangenschaft? Warum Wir Delfinarien Schließen Müssen

Corky befindet sich seit über 50 Jahren in Gefangenschaft. (C) Rob Lott
Sicher habt ihr sehr schlechte Erinnerungen an die erste Corona-Zeit und an die vielen Lockdowns, in denen ihr weder zur Schule gehen, noch eure Freunde sehen durftet. Ihr habt die meiste Zeit zuhause mit euren Eltern und vielleicht auch Geschwistern verbracht. Jeden Tag habt ihr von zuhause aus gelernt und durftet Freunde nur auf einem Bildschirm sehen. Zum Glück hat das nun ein Ende und ein Stück Normalität ist wieder eingekehrt. Doch so, wie wir uns in dieser Zeit gefühlt haben, fühlen sich Meeressäuger ein Leben lang, wenn sie in Gefangenschaft leben.
Wir von WDC versuchen, Wale und Delfine aus der Gefangenschaft zu holen. Doch leider ist es in den meisten Fällen unmöglich, sie in die Freiheit zu entlassen. Da sie die meiste Zeit ihres Lebens abseits des Meeres verbracht haben, können sie nicht mehr auf sich alleine gestellt leben. Oft kennen sie gar kein Leben in Freiheit, da sie in Delfinarien geboren wurden. Doch es gibt eine Lösung, die es den Meeressäugern möglich macht, ein halbwegs normales Leben zu führen und ihre Lebenszeit gemeinsam mit Freunden und Familie zu verbringen: Die Individuen (gemeint sind hier einzelne Wale oder Delfine), die schon zu lange in Gefangenschaft gelebt haben, können in speziellen Meeresrefugien (das kann zum Beispiel eine Bucht im Meer sein, die jedoch unter Wasser vom offenen Meer abgetrennt ist) untergebracht werden.
Unser Kollege Rob Lott berichtet:
"Vor ungefähr 30 Jahren hatte ich zum ersten Mal die Möglichkeit, Orcas beim OrcaLab in Kanada zu besuchen. Dort half ich, einzelne Individuen zu identifizieren und herauszufinden, welche zu einer Familie gehören. Das erkennt man an ihren besonderen Rufen, die sich von anderen Gruppen unterscheiden. Dort verstand ich, wie sozial diese Meeressäuger sind und dass sie, genau wie wir Menschen, dauerhafte und enge Beziehungen eingehen. Das Verhalten der Orcas ist sehr beeindruckend, denn sie kehren jeden Sommer an den gleichen Ort zurück, um auf Nahrungssuche zu gehen. Hauptsächlich ernähren sie sich von Königslachsen. Sie nutzen diese Zeit aber auch, um zu spielen und ihre Beziehungen zu pflegen. Während wir einige Orcas identifizierten, fiel mir ein Name besonders auf – Corky.
Corky ist eine Orca-Dame und ich habe sie nie vor Ort gesehen, anders als ihre Artgenossen. Ihre Geschichte ist wirklich traurig, denn sie lebt bereits seit über 50 Jahren in Gefangenschaft. Sie wurde 1969 gemeinsam mit anderen Orcas gefangen, um in Delfinarien aufzutreten. Während ihre Geschwister und ihre Mutter wieder freigelassen wurden, behielten die Walfänger Corky in Gefangenschaft, denn sie war mit ihren vier Jahren gerade im perfekten Alter, um für Aufführungen trainiert zu werden. Im Jahr 2005 lernte ich Corky dann im SeaWorld in San Diego kennen. Sie hatte in Gefangenschaft bereits sieben Kinder bekommen, von denen jedoch keines überlebt hatte. Ich fand ihre Geschichte sehr traurig und so habe ich mich weiter mit ihr befasst. Ich beobachtete ihr Verhalten, das mir nicht normal vorkam. Noch am selben Tag schwamm sie mehrere Male kopfüber in ihrem kleinen Becken herum und machte keinen zufriedenen Eindruck auf mich. Ob sie sich wohl noch an ihr Leben in Freiheit erinnern konnte? Ich mag es mir kaum vorstellen. Nach all den Jahren, die sie hier schon verbringt, gibt sie noch immer die Laute von sich, die auch ihre Familie in Freiheit nutzt. Nur sind es deutlich weniger geworden, denn der einzige Widerhall entsteht durch die Wände der Becken und nicht durch ihre Artgenossen. Auch die täglichen Aufführungen und Kunststücke zehren an ihr und der einzige Grund, weshalb sie kein Leben in Freiheit verbringen darf, ist der, dass sie Menschen unterhalten soll."
Was sind deine Gedanken zu Corkys Geschichte? Wenn du willst, schreibe uns doch unter kids@whales.org. Wir haben hier noch ein Ausmalbild für dich und falls Du mehr zu dem Thema lesen möchtest, folge diesem Link zu unserer Kampagne: „Lockdown Never Ends – für Wale und Delfine in Gefangenschaft endet der Lockdown nie.“
